GAP-Trading, was ist das?

GAP-Trading hat nichts gemein mit dem Handel von Kleidungsstücken eines US-Herstellers. Ein GAP ist eine Lücke. Innerhalb der Thematik Trading ist damit die Kurslücke in einem Chart gemeint, welche aus unterschiedlichsten Gründen entstehen kann. Diese entsteht einerseits durch sehr schnelle Bewegungen an den Märkten und andererseits durch Kursdifferenzen während einer Handelspause. Mathematisch ist das GAP somit die Differenz zwischen dem letzten Handelskurs vor dieser Lücke zum nächsten Kurs nach dieser Lücke.

Ein GAP ist nicht gleich ein GAP. In Abhängigkeit der Marktphase, werden jeder einzelnen Kurslücke andere Bedeutungen zugeordnet. Diese vorzustellen, ist das Ziel dieses Artikels.

Typisierung von GAPs

Folgende GAP-Typen sind zu unterscheiden:

Das Runaway-GAP ist gekennzeichnet von einer schnellen Bewegung in eine Marktrichtung (Long oder Short). Es wird als Bestätigung eines Trends angesehen, denn in der darauf folgenden Zeiteinheit dominiert die eingeschlagene Trendrichtung am Markt. Marktteilnehmer folgen diesem Trend und lassen somit keinen Raum für die Schließung dieser Kurslücke. In der Regel diagnostiziert man ein Runaway GAP bei Aktien, doch auch in den Aktienindizes gibt es diese Art von GAP. Als Beispiel ist der DAX-Future an dieser Stelle gezeigt. In den letzten Handelstagen des Monats März 2010 vollzog dieser einen Aufwärtstrend. Mit Hilfe von drei Auflagepunkten lässt sich dieser Trend mittels einer Trendlinie visualisieren. Am 1. April eröffnete der DAX-Future circa 30 Punkte über dem Vortagesschluss und bildete somit dieses GAP aus. Da sich der übergeordnete Trend im Verlauf des Handelstages fortsetzte, wurde das GAP nicht geschlossen und wird folglich als Runaway-GAP identifiziert. Erst zwei Handelstage später konnte diese Kurslücke sehr exakt geschlossen werden (8. Mai).

In der Fachliteratur wird synonym der Begriff Measuring-GAP verwendet.

Im Gegensatz dazu ist das Common-GAP ein „normales“ GAP in einem Seitwärtsmarkt, das statistisch gesehen zu 80 Prozent noch am selben Handelstag geschlossen wird. Damit rückt diese Kurslücke in den Fokus vieler Daytrader. Eine Prognose für die weitere Marktentwicklung ist daraus nicht abzuleiten.

Zur Visualisierung dieser GAP-Art bewegen wir uns im selbigen Zeitfenster wie bei dem vorhergehenden Chart und ändern nur die Zeiteinheit. Zu sehen ist das über den Handelstag weiter bestehende Runaway-GAP und die Eröffnung des DAX-Future am Folgetag mit einem weiteren GAP. Der 6. April entwickelte sich zu Beginn ebenfalls in der etablierten Trendrichtung, erlitt jedoch am Nachmittag eine Schwächephase. Ein daraus resultierender Kurssturz verstärkte sich an der oberen Kante vom GAP und stoppte im Bereich der Unterkante vom GAP. Dort stabilisierte sich der DAX und konnte erneut an die etablierte Trendrichtung anknüpfen.

Man sieht in folgendem Chart sehr deutlich, wie sich die Schließung eines Common-GAP vollzieht. Darauf zu spekulieren, ist ein etabliertes Setup der Daytrader. Es sollte jedoch erst mittels Stopp-Order umgesetzt werden, wenn von einer Schließung auszugehen ist, d.h. wenn die obere Kante vom GAP gebrochen ist und somit das Signal generiert.

Kein Trend läuft ewig. Am Ende eines solchen entsteht häufig ein Island-GAP als Erschöpfungslücke. Diese wird nach einem kurzen Zeitablauf (meist ein Handelstag) nicht direkt geschlossen sondern mit einem neuen GAP sinngemäß übersprungen. Der so entstandene Kursbereich wird als Insel bezeichnet. Dies ist sehr selten und kann auf der Unterseite (nach einem Abwärtstrend) und auf der Oberseite (nach einem Aufwärtstrend) gebildet werden. Auf Grund der Seltenheit habe ich folgenden Chart des DowJones-Future modifiziert. Das Island-GAP besteht somit aus zwei GAPs, welche den Kursverlaufs einer bestimmten Zeiteinheit (häufig ein Handelstag) einschließen und benannte Insel bilden. In Folge dessen ist mit einer klaren Trendumkehr zu rechnen.

Ebenfalls am Ende einer Trendbewegung entsteht das Exhausting-GAP. In der Regel wird auch hier eine bevorstehende Trendumkehr signalisiert, welche abrupt eintritt. Auf die Schließung von einem Exhausting-GAP zu spekulieren, endet jedoch fatal und wird in Börsenforen häufig als „Lemming-Verhalten“ umschrieben. Bei Aktienwerten ist dies ebenso häufig verbreitet wie in Indizes. Beispielhaft ist an dieser Stelle der Bundfuture vom Mai 2010 angeführt. Ein mehrtägiger Aufwärtstrend wurde durch ein GAP über Nacht gebrochen. Der Kursverlauf entfernte sich von dieser Kurslücke. Die Prämisse für ein Exhausting-GAP ist in diesem Beispiel allerdings, dass keine höheren Notierungen erfolgen dürfen. Der Kurs entfernt sich immer weiter von diesem GAP.

Ebenfalls eine abrupte Trendumkehr prognostiziert das Break Away GAP. Gekennzeichnet durch eine starke Kursdynamik, ist dieses GAP leicht zu identifizieren. Zumeist wird das Break Away GAP nach dem Ausbruch aus einem bestehenden Trend (Abwärts- oder Aufwärtstrend) gebildet und über einen längeren Zeitraum nicht geschlossen. In folgendem Chart ist der DAX-Future vom 10.Mai 2010 zu sehen, welcher nach der politischen Meldung über den Euro-Rettungsschirm mit über 130 Punkten als Kurslücke eröffnete. Eine sich daran anschließende Kursrallye berührte die Oberkante des Break Away GAP in den Folgetagen nicht.

GAP-Trading in der Praxis

Je nach Instrument und Markt können unterschiedliche GAPs entstehen. Der Devisenmarkt neigt durch die lange Handelszeit in der Woche (Montag bis Freitag) zu wenigen GAPs, während beispielsweise Indizes jeden Handelstag mit einem GAP eröffnen können. Die Kursverläufe von Einzelwerten (Aktien) weisen zudem häufig ein GAP bei unerwarteten Veränderungen der Fundamentaldaten auf und adhoc-News auf.

Weil bei der Entstehung von einem GAP noch nicht erkennbar ist, um welchen Typ es sich handelt, sollte jedes GAP erst gehandelt werden, wenn der Kurs in diesen Bereich der Kurslücke eintaucht. Jede andere Methodik spielt mit dem Risiko und der Zeitkomponente und kann in vielen Fällen zur Verzweiflung oder hohen Verlusten führen. Auf die Schließung von einem Break Away GAP kann der Trader im Extremfall mehrere Jahre warten.

Weitere Handelsmöglichkeiten und Kapitel zum Trading sind in der Bernakademie gesammelt. Viel Erfolg in der Umsetzung!

Bernecker1977 – Andreas Mueller