Beim Blick auf den Chart ist sofort ersichtlich: Die Sommerlaune der Vorwoche konnte nicht fortgesetzt werden. Im Gegenteil: Der DAX litt unter einer Art „Sommergewitter“. Meine Einschätzung der Vorwoche, dass wir in Richtung Allzeithoch laufen könnten, nach dem gezeigten Range-Ausbruch, war somit falsch. Wir sahen vielmehr einen DAX unter Druck. Gründe dafür sind schnell gefunden. Die Statements der Europäischen Notenbank und der sich ausweitende Abgasskandal. Beides kam mehr oder weniger überraschend und war im Chartbild schwerlich vorab sichtbar. Dennoch obliegt es jedem Börsianer selbst, wie er darauf reagiert und wie flexibel er sich den Marktgegebenheiten anpasst. In diesem Sinne passe ich auch in dieser Woche meinen Blick an das aktuelle Chartbild an und gebe zuvor ein paar kleine Rückblicke auf die Ereignisse und Kursverläufe des DAX in der Vorwoche.
Rückblick auf die Handelstage der Vorwoche
Immerhin noch leicht positiv startete die vergangene Handelswoche. Dort war noch immer die Phantasie im Markt zu spüren, an die Gewinne oberhalb von 12.600 Punkten anknüpfen zu können. Doch schon intraday sah man am Montag fallende Hochpunkte im Chartbild wie hier visualisiert:
Immerhin hielt der Aufwärtstrend noch, der hier als Linie eingezeichnet war und von Freitag, dem 14.07. stammte.
Mit dem Handelsstart am Dienstag wurde dann genau diese gezeigte Aufwärtstrendlinie gebrochen. Es folgten nicht nur kurze Verkaufsorders, sondern die Marktstimmung kippte komplett. Bis zur Eröffnung der Wall Street bewegte sich der DAX in einem kompletten Abwärtstrend.
Dies stimmte schon einmal sehr skeptisch, denn an der Wall Street selbst waren die Vorgaben relativ gut. Die Quartalssaison lieferte vor allem im Technologiebereich gute Ergebnisse ab. Vor allem Netflix glänzte hier und sprang förmlich auf ein neues Allzeithoch. Damit war auch ALLZEITHOCH das bestimmende Wort im Index der US-Technologiewerte Nasdaq Composite. Dieser legte im laufenden Jahr nun schon mehr als 18 Prozent zu und sieht weiterhin bullisch aus. Zu sehen hier im Chartbild:
Eine ausführliche Analyse, welche Werte ihn tragen und welche Unterschiede es in den Indexbezeichnungen gibt, finden Sie von mir hier als Nachricht auf Trading-Treff.
Zurück zum DAX: Dieser pendelte am Mittwoch eher seitwärts und sprang am Donnerstag etwas zu optimistisch vor der EZB-Sitzung bereits am Morgen über seinen bis dato etablierten Wochen-Abwärtstrend. Sogar mit einem GAP, welches viele Börsianer recht skeptisch machte.
So beschrieb ich dies auch unter „DAX bricht aus Range aus“ und genau dieses GAP wurde mit der EZB-Pressekonferenz am Nachmittag auch wieder geschlossen. Was war konkret geschehen?
Die Nullzinspolitik der EZB soll beibehalten werden und damit einhergehend auch die weiterhin lockere Geldpolitik. Der Euro übersprang zum Dollar die 1.16 und bewegte sich damit auf den höchsten Stand seit zwei Jahren. „Mario Draghi hat heute die Euro-Bullen von der Leine gelassen“, resümierte Marktexperte Jochen Stanzl von CMC Markets.
Und beim Wechselkurs EUR/USD kommt hinzu, dass sich die Stimmung bezüglich des US-Präsidenten ablesen lässt. Denn die Stärke des Euro kann ebenso als Schwäche des Dollars interpretiert werden. Dieser hat nun seit dem Wahlabend genau 12 Prozent verloren und „wartet“ auf Umsetzungen der Steuerreformen. Solange bleibt wohl auch der Euro im Aufwand.
Der Freitag setzte den Wochentrend fort. Vor allem am Nachmittag, als weitere Details zum Abgasskandal deutscher Autobauer und der Vorwurf, es handle sich um ein langjähriges Kartell im Raum standen, durch die Medienkanäle gingen. So tauchte der DAX letztlich in das, seit Wochen hier immer wieder skizzierte, Frankreich-GAP unterhalb von 12.290 Punkten ein.
Vor dem Hintergrund, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit für ein GAP-close besteht (dazu dieser statistische Sachartikel), ist dies nun ein spannender Ausgangspunkt für die kommende Handelswoche. Und ausführlich berichtete ich dazu am Freitag schon HIER ->
Vergessen darf man dabei nicht das Auseinanderlaufen von Wall Street und Europa – hier im direkten Vergleich einmal der DAX und Dow Jones auf Sicht von einem Monat:
Allein in dieser Woche standen -3,1 Prozent im DAX nur -0,3 Prozent im Dow Jones gegenüber. Und hier bin ich nicht in der Kommastelle verrutscht!
Auch in der kommenden Woche DAX unter Druck?
Das Frankreich-GAP ist somit angerissen und eröffnet aus charttechnischer Statistik heraus betrachtet eine hohe Chance, geschlossen zu werden. Dies wäre bei Kursen um 12.080 der Fall.
Unterschätzen darf man hierbei nicht die Magnetwirkung der 12.000er-Marke. In einer Trendbewegung kann diese schnell erreicht werden und damit weitere Abgaben nach sich ziehen. Dominant ist in diesem Chartausschnitt auf jeden Fall nun (wieder) der Abwärtstrend. Dieser beginnt ab dem Allzeithoch und dem Nicht-Erreichen der 13.000 vor etwa einem Monat:
Ein großes Kaufsignal entsteht also erst mit dessen Überschreitung und war vor einer Woche noch realistisch (daher mein Optimismus vor einer Woche), nun aber in weite Ferne gerückt. Genau gesagt 300 Punkte entfernt.
Kurzfristigere Entwarnung gibt es jedoch, wenn die GAP-Oberkante (ob vor oder nach einem GAP-close) zurück erobert werden würde. Knapp darüber lagen die Tiefs der vergangenen beiden Wochen mit 12.320 Punkten etwa. Ab hier würde sich das Chartbild aufhellen und eine gute Chance auf eine Gegenbewegung bis zu diesem großem Abwärtstrend eintreten können. Im Chartbild sieht dies so aus:
Direkt zur Eröffnung am Montag gilt es somit, den ersten Impuls genau zu beobachten. Bullen und Bären dürften sich ein enges Gefecht liefern. Und als Trader können Sie davon natürlich profitieren, ist die Volatilität nun endlich wieder zurück am Markt. Allein der VDAX als Gradmesser der Volatilität an der Deutschen Börse stieg am Freitag um 21,34 Prozent an!
Nach der EZB-Sitzung in dieser Woche steht für die kommende Woche dann die Zinsentscheidung in den USA durch die FED an. Mittwoch um 20 Uhr werden wir also deren Ausrichtung und Impulse auf die Märkte sehen.
Herzlichen Dank für Ihr Interesse und einen erfolgreichen Wochenstart,
Ihr Andreas Mueller (Bernecker1977)