Renditeerwartung – ein erster Kontakt
Die Renditeerwartung ist kein fester Bestandteil im sprachlichen Wortschatz eines Jugendlichen. Mit dem Eintritt in das Erwachsenenleben (in der Regel die Konfirmation) erhielt ich neben guten Ratschlägen auch Geld von den Verwandten und Freunden der Familie mit auf den weiteren Lebensweg. Für einen Führerschein oder einen Urlaub war ich mit 14 Jahren zu jung und für eine ausufernde Party gibt es in der Regel keine Genehmigung der Erziehungsberechtigten. Was sollte ich also mit dem erlangten Kapital anstellen? Der Grundstein für die Andreas Mueller Karriere im Finanzbereich war gelegt. Das Sparbuch in der einen Hand und eine vertrauenswürdige Tante an der anderen betrat ich nur wenige Tage später die naheliegende Kreissparkasse. „Wir haben einen Termin“ sagte ich stolz am Schalter und wurde in das Nebenzimmer mit der Aufschrift Anlageberatung gebeten. Dort sollte sich mein Kapital vermehren. Die vielen Akten und der Computer beeindruckten mich fast so sehr wie die 8 Prozent Zinsen, welche mir der freundliche Herr im Anzug als Renditeerwartung für ein Investment in „unser Land“ versprach. Es handelte sich hierbei um Festgeld und Bundesschatzbriefe, also Wertpapiere des Bundes mit einer festen Verzinsung. Meine Eltern stimmten der skizzierten Renditeerwartung zu und so hatte ich endlich Ruhe vor den Gedanken an das Geld!
Renditeerwartung erfüllt sich mit der ersten Auszahlung
Wirtschaftlich interessiert beschloss ich, bereits mein Abitur auf diese Richtung hin zu lenken und wechselte nach der 10. Klasse auf ein reines Wirtschaftsgymnasium. In dieser Zeit wurden auch meine Bundesschatzbriefe ausgezahlt und ich staunte darüber, was der Zinseszinseffekt alles vollbringen kann. Die Renditeerwartung hatte sich erfüllt. Schnell wurde ein neuer Termin bei der Kreissparkasse vereinbart. „Das Gleiche noch einmal“ sagte ich dem Anlageberater und legte ihm stolz meine Abrechnung vor. Er lächelte nur und erklärte mir, dass die Renditen (genauer: die Zinsen) seitdem stark gefallen waren. Damit hatte ich nicht gerechnet und ließ mir etwas irritiert ein anderes vielversprechendes Produkt erklären: den Immobilienfonds. Mit einer durchschnittlichen Renditeerwartung von 3 Prozent im Jahr ein sehr solides Produkt, um an der Wertsteigerung von Bürogebäuden in bester Lage zu partizipieren. „Auch gut“ dachte ich und unterschrieb den Orderauftrag.
Renditeerwartung verfolgt von Skepsis
Ich wollte nicht noch einmal so falsch informiert bzw. gar nicht informiert einem Anlageberater gegenüber stehen, also fragte ich ab diesem Zeitpunkt regelmäßig den aktualisierten Depotstand ab. Nach sechs Monaten war dieser immer noch fast unverändert. Warum stieg der Fondspreis nicht stetig an, wenn er doch nach Vorgabe der durchschnittlichen Renditeerwartung nach einem Jahr drei Prozent generieren sollte? Etwas verärgert ging ich abermals zur Kreissparkasse und verkaufte konsequent meine Anteile. Besser informiert als beim letzten Besuch, wusste ich auch sofort was es als nächstes sein durfte: ein Aktienfonds. Dieser sollte sogar 10 Prozent Renditeerwartung pro Jahr erfüllen, so hatte ich es mehrfach in diversen Bankmagazinen gelesen. Ein bürokratischer Akt von fünf Minuten folgte und sorgte im Anschluss daran für ein Gefühl von Stolz – meine erste unabhängige Anlageentscheidung mit einer tollen Renditeerwartung war getroffen!
Renditeerwartung und deren Kontrolle
Diesmal entwickelte sich das Investment mit der Renditeerwartung zu meiner vollsten Zufriedenheit. Mittlerweile verfolgte ich die Kursnotierungen regelmäßig und erfreute mich steigender Marktpreise. Im Leistungskurs Wirtschaft am Gymnasium war ich daher der Erste, der über das Thema Fonds und Aktiengesellschaften freiwillig ein Referat anfertigte. Dabei wollte ich mit mehr Wissen aufwarten, als im Lehrbuch stand. Also forderte ich von meiner Bank neben weiteren Informationsmappen auch „meinen“ Fondsprospekt an. Eine Eins im Referat war schon nebensächlich, als eine tiefgreifende Verwirrung mein Investment trotz positiver Renditeerwartung überschattete. Warum investiert der Fondsmanager das ganze Geld in 76 Firmen von denen mir nur 12 ein Begriff sind? „Das kann ich alleine doch besser“ sagte ich mir und verkaufte nach nur wenigen Monaten Haltedauer den Aktienfonds mittels Orderzusatz „bestens“. Meine eigene Aktienauswahl sollte die hochbezahlte Arbeit des Fondsmanagers ab diesem Zeitpunkt ersetzen und zudem eine höhere Renditeerwartung erfüllen.
Renditeerwartung führt zu Aktien
Die Renditeerwartung wird häufig direkt mit Aktien in Zusammenhang gebracht. Meine Auswahl an Einzeltiteln war schnell getroffen. Ähnlich dem Investmentansatz von Warren Buffet kaufte ich genau die Werte, von denen ich im Alltag überzeugt war: Volkswagen, Siemens und Nokia. Die Kursentwicklung bestärkte mich in der Andreas Mueller Karriere und das Emissionsfieber am Neuen Markt tat sein Übriges. Bei einigen Erstnotizen bekam ich sogar eine (wenn auch geringe) Zuteilung bei hoher Renditeerwartung – so musste sich ein Lottogewinn anfühlen. Wobei mir, als Lotto-Jungfrau, der direkte Vergleich fehlt.
Auf der Suche nach immer neuen Trends und Gelegenheiten mit überdurchschnittlicher Renditeerwartung standen selbstverständlich auch die Internetwerte AOL und Lycos, sowie die ganze B2B-Branche im Fokus. Mit meinem Bankberater war ich indes nicht nur bei einem privaten „Du“ im Umgangston angekommen, sondern er verfolgte mit Spannung meine Orderaufträge und hinterfragte „aus persönlichem Interesse“ gerne die getätigten Transaktionen. Die meisten Aktienwerte hatte er noch nicht einmal vom Namen gehört, so dass ich mir mehr und mehr als der Berater im Gespräch vorkam. Dafür dann noch ein Prozent an Provision zu zahlen, welches die Renditeerwartung schmälert, erschien mir etwas unangemessen an zehrte an den Renditen. Somit folgte eine logische Konsequenz…
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Bernecker1977 – Andreas Mueller