Vermögensverwaltung ist allgemein interessant
Vermögensverwaltung unterscheidet sich von Daytrading nicht in Ausführung, sondern in der Auslegung. Jeder Daytrader, der sein eigenes Kapital täglich an den Märkten vermehren will, weckt dadurch im Familien- und Freundeskreis Interesse. Eine sich daran anschließende Frage wird zwangsläufig im Zeitablauf gestellt: „Kannst Du auch für mich Geld anlegen?“. Die Antwort darauf beginnt mit „Ja ich kann das…“ und endet mit „…darf dies so aber nicht“. Gründe dafür sind nicht mangelndes Selbstvertrauen, sondern die gesetzlichen Bestimmungen in Deutschland. Das Kreditwesengesetz (KWG) setzt für die Vermögensverwaltung eine Genehmigungspflicht voraus. Als Finanzinstrumente werden hierbei in der Kommentarliteratur zum KWG handelbare Wertpapiere, Devisen, Derivate und allgemeine Geldmarktinstrumente angegeben. Ist dies zudem als Bankgeschäft qualifizierbar, bedarf es der Zulassung des Bundesaufsichtsamtes für Finanzdienstleistungen (Bafin). Damit sind viele Auflagen und Regularien verbunden.
Neben diesen Anforderungen existiert ein weiteres Problem: die Steuer! Bis zur Einführung der Abgeltungssteuer wurden Spekulationsgeschäfte innerhalb der so genannten Spekulationsfrist (ein Jahr zwischen Kauf und Verkauf) zum Jahresende mit dem persönlichen Steuersatz angewendet. Für das Szenario „Oma gibt dem Enkel etwas Geld zum Verwalten“ bedeutet dies, dass der Enkel am Jahresende seine Gewinne mit seinem individuellen Steuersatz angeben muss und die Oma von den erreichten 80 Prozent Gewinn nach Steuern vielleicht alles (wenn die Summe unter dem Freibetrag lag) oder aber auch nur die Hälfte (bei Annahme des Höchststeuersatzes) erhält. Man spricht hierbei von der fremden Vermögensverwaltung auf eigene Rechnung. Von einer Aufwandsvergütung abstrahiere ich der Einfachheit halber.
Neben den gesetzlichen Restriktionen ist der psychologische Aspekt zu erwähnen. Sobald fremdes Kapital auf eigene Rechnung verwaltet wird und man zum Eigentümer eine persönliche Bindung hat, ist dies in der Regel mit Gefühlen verbunden. Eine etwaige negative Entwicklung wirkt sich hierbei bedrückend auf das Verhältnis zwischen dem Kapitalgeber und dem Verwalter aus. Diese Problematik ist auch losgelöst von der Intention dieses Artikels relevant und erzeugt in letzter Instanz eine Drucksituation für den Verwalter. Für unser Oma-Szenario bedeutet dies einen Erklärungsnotstand des Enkels bei Verlusten und einen daraus resultierenden Vertrauensverlust. Der Titel „Lieblings-Enkel“ rückt in weite Ferne!
Wie soll man also (re)agieren? Bis zu welcher Summe bzw. ab welchem prozentualen Gewinn ist eine Vermögensverwaltung wirtschaftlich sinnvoll? Ist der Aufwand einer ordnungsgemäßen Anmeldung im Verhältnis zum angestrebten Ertrag gerechtfertigt?
Diese Fragen muss sich jeder, der sich mit dem Thema Vermögensverwaltung beschäftigt, vor den eigentlichen Transaktionen stellen. Ein Blick auf die mögliche Performance ist dabei zweitrangig.
Nach der intensiven Beschäftigung mit diesem Thema stand für mich fest: „Diesen Weg gehe ich nicht alleine“. Einen Bezug zum Verwalten von Kapital hatte ich bereits durch unterschiedliche Kontakte mit Finanzberatern und Vermögensverwaltern. Die Depotoptimierung und Portfolio Selektion waren dabei grundlegende Bausteine einer neutralen Anlagestrategie. Unter diesem Dach konnte ich mit ruhigem Gewissen das Kapital aus dem eingangs zitierten privaten Umfeld strukturieren, ohne dabei selbst eine direkte Bindung herzustellen. Als Mitarbeiter und Berater einer solchen Organisation implementierte ich selbstverständlich die nötigen Fürsorge- und Verschwiegenheitspflichten.
In einer weiteren Ausbaustufe konnte auch in den kurzfristigen Zeiteinheiten mit volatileren Finanzinstrumenten wie CFDs und Futures auf die Märkte reagiert werden. Über so genannte „Investment Accounts“ oder „Family and Friends“ werden Transaktionen auf eine kleine Anzahl von Unterkonten transformiert und vollzogen. Die Unterkonten sind somit steuerlich einzeln erfasst und obliegen in ihrer Ausgestaltung (Höhe, Restriktionen, Risikoparameter) dem jeweiligen Inhaber. Mit zwei weiteren Kollegen handelte ich vorrangig die Märkte DAX, EUR/USD und DowJones. Die Koordinierung des Gesamtpaketes, sowie das Controlling im Kontext der Vermögensverwaltung scheiterte leider nach 18 Monaten an zwischenmenschlichen Aspekten. In diesem Rahmen erlangte Erfahrungen bereicherten jedoch meinen Blick auf das Verwalten von Kapital aus objektiver Sichtweise. In einem größeren(in Bezug auf die Höhe der Gesamteinlagen) und anonymeren (in Bezug auf die Kontakte der Kontoinhaber) Rahmen stellt dies für mich eine favorisierte Herausforderung in der Zukunft dar. Ich kann mir somit auf meinem weiteren Weg die Vermögensverwaltung in einem professionellen Bereich sehr gut vorstellen. Ein solches Engagement schließt die beratende Funktion, wie bereits im Artikel Beratung vor Rendite – Andreas Mueller Karriere Teil5 vorgestellt, nicht aus. Ob dies in einer reinen Vermögensverwaltung oder in einer Fondsgesellschaft sein wird, zeigt die Zukunft.
Aktuell widme ich mich anderen Herausforderungen, welche in den folgenden Artikeln der Kategorie Andreas Mueller gesondert aufbereitet sind.
Bernecker1977 – Andreas Mueller